Mit der Beschaffungsvariante öffentlich-privater Partnerschaften - ÖPP - lassen sich öffentliche Hochbauten in herausragender Qualität realisieren. Jedoch führt ÖPP nicht automatisch zu hoher Qualität.
Welche Instrumente und Maßnahmen eine der öffentlichen Bauaufgabe angemessene Qualität sicherstellen, war die zentrale Fragestellung dieses Forschungsprojektes.
Methodik
Aus den Erfahrungen der bisher realisierten ÖPP-Objekte sollten erstmals Erkenntnisse zur Qualitätssicherung gewonnen und in konkrete Handlungsempfehlungen für zukünftige Projekte umgesetzt werden. Der Datenbestand über realisierte ÖPP-Objekte in Deutschland bot keine ausreichende Grundlage für diese Arbeit. Erst ausführliche Recherchen lieferten die erforderlichen Daten und Abbildungen der bis Herbst 2010 fertiggestellten, als ÖPP beschafften Neubauobjekte im Hochbau. Die Erfahrungen und Beurteilungen von Vertretern der Nutzer sowie der öffentlichen Auftraggeber mit diesen Objekten wurden anhand von Befragungen erhoben. Deren Ergebnisse flossen zusammen mit den Daten in eine umfassende Datenbank ein.
Diese Datenbank erfasst 92 Objekte, aus denen 17 als Fallstudien für eine differenzierte Analyse von Vergabe- und Projektsteuerungsverfahren auf der einen Seite und für eine Bewertung der architektonischen Qualität im Sinne von Funktionalität, Bauqualität und Wirkung auf der anderen Seite ausgewählt wurden. Verfahren zur Beurteilung architektonischer Qualität sind in Deutschland nicht etabliert. Großbritannien, insbesondere England, verfügt dahingegen über eine lange und differenzierte Tradition. Aufbauend auf den Erfahrungen der CABE (Commission for Architecture and the Built Environment) und vor allem dem DQI (Design Quality Indicator) des Construction Industry Council wurde eine Bewertungssystematik mit den drei Oberkategorien Funktionalität, Bauqualität und Wirkung und 98 Unterkategorien entwickelt. Drei anerkannte und unabhängige Architekten - Prof. Claus Anderhalten, Prof. Ulrike Lauber, Walter von Lom – haben die Objekte der 17 Fallstudien besichtigt und anhand der Bewertungssystematik beurteilt. Ausführliche Interviews mit Vertretern der öffentlichen Auftraggeber erschlossen weitere Informationen zu den angewendeten Instrumenten der Qualitätssicherung und gaben Bewertungen der erreichten Qualitäten. In einer Querauswertung der angewendeten Verfahren zur Qualitätssicherung, den Erfahrungen der Auftraggeber und Nutzer der ÖPP-Objekte sowie der Ergebnisse der Beurteilung durch die Experten konnten Wirkungszusammenhänge von angewendeten Verfahren und erreichten Qualitäten gewonnen werden. Abschließend wurden die Erkenntnisse in Handlungsempfehlungen zur Qualitätssicherung in der Vergabe und Steuerung von ÖPP-Projekten umgesetzt. Darüber hinaus wurden Vorschläge für neue Verfahrensweisen zur Einbindung von Planungswettbewerben in ÖPP-Vergabeprozesse entwickelt und mit einer juristischen Stellungnahme untermauert.
Die oft formulierte Behauptung, die Umsetzung architektonischer Qualität könne dem Privaten überlassen bleiben, entspricht nicht der Realität. Die Sicherung einer hohen Qualität über den gesamten Lebenszyklus erfordert bei der Beschaffungsvariante ÖPP ebenso wie bei konventioneller Beschaffung Vorkehrungen aller Beteiligten. Der private Partner ist motiviert, eine günstig zu unterhaltende Immobilie zu erstellen, um über den Vertragszeitraum wirtschaftlich erfolgreich zu sein. Anforderungen an die architektonische und funktionale Qualität bleiben jedoch in der Verantwortung des öffentlichen Auftraggebers und müssen von ihm in allen Phasen des Projektes gefordert, durchgesetzt und überwacht werden. Die erarbeiteten Handlungsempfehlungen können zu den folgenden grundlegenden Maßnahmen zusammengefasst werden. Eine kompetent besetzte Projektgruppe unter Einbeziehung eines qualitätssichernden Architekten sollte den Prozess von der Definition der Anforderungen bis zur Inbetriebnahme des Gebäudes steuern. Sie muss in der Verwaltung gut verankert und mit hoher Entscheidungskompetenz ausgestattet sein. Eine eindeutige und umfassende Beschreibung der Anforderungen unter zentraler Beachtung der weichen Kriterien wie Wirkung, Anmutung, aber auch der funktionalen Anforderungen und der gewünschten Bauqualität definiert die Messlatte für die Steuerung der Qualität in der Vergabe und der Umsetzung. Aus den Fallstudien wird deutlich, dass die Anforderungen im ÖPP-Vertrag nicht erschöpfend beschrieben
werden können und im weiteren Prozess – insbesondere in der Phase der Vorbereitung der Ausführung - präzisiert werden müssen. Hierzu ist bereits im ÖPP-Vertrag eine auskömmliche Kostenposition als Verfügungsmasse zur weiteren Verhandlung und Festlegung der Qualitätsstandards vorzusehen.
Das vorherrschende Vergabemodell, alle Leistungsbereiche - Planen, Bauen, Finanzieren und Betreiben - zusammen als ein Paket im Rahmen eines Verhandlungsverfahrens zu vergeben, führt zu einer geringen Auswahl an Entwürfen und zu komplexen Bewertungssystemen, bei denen die architektonische Qualität in den Hintergrund geraten kann. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass ein Entwurf geringer Qualität zur Ausführung gelangt - am Ende also ein ausschließlich billiges Projekt realisiert wird. Zudem behindert das vergaberechtliche Geheimhaltungsgebot die gebotene Transparenz und Öffentlichkeit der Entscheidung über die Gestaltung des öffentlichen Bauvorhabens. Ein dem ÖPP-Vergabeverfahren vorgeschalteter Planungswettbewerb liefert dahingegen eine große Entwurfsvielfalt und ein abgesichertes und effizientes Beurteilungssystem zur Bewertung der architektonischen wie auch z. B. der wirtschaftlichen Qualität. Das Wettbewerbsergebnis bietet eine optimale Grundlage zur Beteiligung der Öffentlichkeit und der politischen Gremien. Auf der Basis des Wettbewerbsergebnisses kann ein für die Bieter und den öffentlichen Auslober schlankes und effizientes ÖPP-Vergabeverfahren durchgeführt werden. In Pilotprojekten sollte das Modell des in das ÖPP-Vergabeverfahren integrierten Planungswettbewerbes in Kooperation mit der Bauwirtschaft getestet werden. Damit wird der Forderung zur frühzeitigen Einbeziehung des Sachverstandes der Bauwirtschaft entsprochen. In den Phasen der Vorbereitung der Ausführung und der Ausführung bleibt die Verantwortung für die architektonische Qualität unverändert beim öffentlichen Partner. Er muss die Abläufe der Qualitätssicherung eindeutig definieren und zuvor im Vertrag mit dem privaten Partner festschreiben.
Besondere Aufmerksamkeit verlangt die Vorbereitung der Ausführung. Die schriftlich fixierten Standards werden in der Ausführungsplanung in gestalterische Lösungen umgesetzt. Der öffentliche Auftraggeber muss auch hier die Einhaltung der Standards unter Einbeziehung des Entwurfsarchitekten kontrollieren und sich die Freigabe der Ausführungspläne und der Bemusterungen vorbehalten. Mit regelmäßigen Baubesprechungen und Begehungen der Baustelle überwacht der öffentliche Auftraggeber ebenfalls unter Einbeziehung des Entwurfsarchitekten dann die tatsächliche Realisierung der bestellten Qualität.
Auch in der Nutzungsphase bleibt der öffentliche Auftraggeber in seiner Verantwortung gefordert. Er muss die Rahmenbedingungen schaffen, um den Nutzer gut informiert und vorbereitet die Inbetriebnahme zu ermöglichen. Zuständigkeiten und Abläufe der Justierung der technischen Systeme sowie der Mängelbeseitigung müssen etabliert werden und durch den Auftraggeber durch konsequente Anwendung des Bonus-Malus-Systems umgesetzt werden. Kein Baustein alleine kann architektonische Qualität bei ÖPP-Projekten bewirken. Erst die konsequente und kontinuierliche Wahrnehmung der baukulturellen Verantwortung des öffentlichen Auftraggebers über den gesamten Projektprozess führt zu einem nicht nur kostengünstigen sondern auch angemessen wertvollen Gebäude.